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Panzer der Schweizer Armee – Ihre Geschichte

Panzer der Schweizer Armee

Die Panzertruppen entstehen

Das Jahr 1936 gilt als Geburtsstunde der Schweizer Panzerwaffe. Dabei stand ein Typen-entscheid noch aus. Nach Erfahrungsberichten aus dem Ausland erfüllten die bislang hochgelobten Panzerwagen 34 die Anforderungen nicht mehr. Die Prager ČKD-Werke entwickelten für die Armee der Tschechoslowakei den LT 38. Bekannter ist dieser Panzer unter dem Namen Praga. Am wendigen Fahrzeug fanden ausländische Streitkräfte Interes-se – so auch die Schweizer Armee.

Nach intensiven Vorabklärungen und diversen Besichtigungen in Prag, beschloss der Bundesrat im Dezember 1937 den Kauf von zwölf dieser Panzerwagen der Variante LTL-H mit einem Benzinmotor. Eine weitere Serie von zwölf Fahrzeugen bestellte die Schweiz im April 1938. Unter der Bezeichnung Panzerwagen 39 präsentierte die Armeeführung den helvetisierten Panzer an der Landesausstellung 1939 erstmals der Öffentlichkeit.

Der Zweite Weltkrieg

Im Zweiten Weltkrieg schritt die Entwicklung im internationalen Panzerbau rasch voran. Dabei zeigten sich in der Schweiz immer mehr Lücken bei den Panzerabwehrmitteln. Weil aber die Einfuhr von Kriegsmaterial zu dieser Zeit nicht möglich war, erhielt die Eidgenössi-sche Konstruktionswerkstätte den Auftrag, ein 7,5-cm-Selbstfahrgeschütz auf Raupenketten zu entwickeln: Fertiggestellt wurde je ein Exemplar der Nahkampfkanonen I und II (Gustav). Trotz beachtlichem Entwicklungsstand verwarf die Armeeführung aus verschiedenen Grün-den das Projekt.

Die Nachkriegsära

Der Aufbau einer eigenständigen Panzerwaffe nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges schien für die Armeeführung verfrüht. Die Lücke in der Panzerabwehr sollten vorerst soge-nannte Panzerjäger schliessen. Die Škoda-Werke in der Tschechoslowakei produzierten für die deutsche Wehrmacht den Jagdpanzer 38(t), bekannt als Hetzer. Nach Kriegsende waren noch fertig montierte Fahrzeuge und zahlreiche Bauteile vorhanden, auf die die Schweizer Armee aufmerksam wurde. Nach einer eindrücklicher Vorführung auf dem Schiessplatz Sand in Schönbühl bei Bern bestellte die Armeeführung acht Hetzer für weitere Versuche.
Die Versuche erbrachten positive Resultate. Im November 1946 beschaffte der Bundesrat 100 Panzerjäger G13. Ein Jahr später folgte die Bestellung für weitere 50 Fahrzeuge.

Die Panzerfrage

Die Truppenordnung 51 (TO 51) vom Beginn der 1950er-Jahre sah eine Verstärkung der Mechanisierung der Armee vor.

Eine Panzerkommission sollte die Doktrin festlegen und erstellte ein Anforderungsprofil:

• Eine Panzerwaffe mit Durchschlagskraft und Treffsicherheit auf lange Distanzen
• Hohe Beweglichkeit im Gelände und rasche Verschiebungsmöglichkeit auf den Strassen
• Grösstmöglichen Schutz der Panzerbesatzung gegen feindliches Feuer
Es zeigte sich, dass nur mittelschwere Kampfpanzer mit Drehturm und leistungsfähiger Kanone diese Vorgaben erfüllen konnten. In Evaluation standen der favorisierte M47 Patton aus amerikanischer und der Centurion aus britischer Produktion.

Die Notlösung

Der Retter in der Not war Frankreich. Bei einem Besuch der französischen Panzertruppen entdeckte die Schweizer Armeeführung den neu entwickelten Aufklärungspanzer AMX-13.
Aus Mangel an Alternativen stimmte der Bundesrat im Dezember 1951 dem Kauf von 200 AMX-13 zu. Der AMX-13 erhielt die Bezeichnung Leichter Panzer 51 (L Pz 51).

Der erste Kampfpanzer

Nach dem Ende des Koreakriegs führte die Schweiz die Evaluation eines mittelschweren Kampfpanzers mit der Prüfung der bereits bekannten Modelle M47 Patton und Centurion fort. Nach umfassender Evaluation beschloss das Parlament im Herbst 1954 die Beschaffung von 100 Centurion Modell Mk 3, die in der Schweiz die Bezeichnung Panzer 55 (Pz 55) erhielten. Eine zweite Serie Centurion beschaffte die Armeeführung 1957. Es handelte sich um das Modell Mk 7, also eine Weiterentwicklung des bereits eingeführten Typs Mk 3. Die Fahrzeugbezeichnung für diese Beschaffung lautete Panzer 57 (Pz 57). 1960 beschloss die Armeeführung den Kauf einer dritten Serie Centurion, Modell Mk 5 aus Occassionsbeständen der Südafrikanischen Union.

Panzer aus der Schweiz

Die Schweiz war für die Rüstungsbeschaffung – insbesondere bei Panzerfahrzeugen – ganz auf das Ausland angewiesen und erlebte zweimal, welche Herausforderungen mit dieser Abhängigkeit verbunden waren. Unter der Leitung der Kriegstechnischen Abteilung startete die Eidgenössische Konstruktionswerkstätte 1951 das Projekt «KW 30». Ziel war, gemeinsam mit ausgewählten Industriefirmen einen Schweizer Panzer der «Gewichtsklasse 30 Tonnen» zu entwickeln. Vielversprechende Ergebnisse zeigten 1957 erste Gehversuche mit dem Prototyp Panzer 58 (Pz 58). Die erste Schweizer Eigenproduktion erfuhr weitere Modifikationen und Verbesserungen. Mit dem Rüstungsprogramm 61 bestellte das Parlament 150 Fahrzeuge – der Panzer 61 (Pz 61) lief vom Band. Trotz einiger konzeptioneller Mängel erwies sich der Panzer 61 als zuverlässiges, truppenfreundliches Kampffahrzeug.

Die Panzerwaffe wächst

Beflügelt durch den Erfolg der Eigenentwicklung, modifizierte die Schweizer Industrie in den 1960er Jahren den Panzer 61 weiter – die Geburtsstunde des legendären Panzers 68 (Pz 68). Zu den Verbesserungen gehörten unter anderem eine Stabilisationsanlage für die Hauptwaffe, ein stärkerer Motor, ein Getriebe mit sechs Rückwärtsgängen, verbreiterte Raupenketten mit Gummipolster und ein Gepäcknetz hinten am Turm. Das Parlament beschloss im Juni 1968 den Kauf von 170 Panzern 68. 1974 bestellte die Armeeführung eine weitere Serie von 50 Panzern 68. Allerdings war Vorsicht geboten bei dieser Beschaffung, da bei der ersten Serie technische Mängel auftraten. Man verglich in einer Erprobung den Panzer 68 mit ausländischen Modellen derselben Generation. Dabei schnitt der Panzer 68 nicht besonders gut ab. Aber der Zeitplan drängte, da die veralteten Leichten Panzer 51 abgelöst und die Panzerflotte dringend eine weitere Aufstockung benötigte.1975 bewilligte das Parlament zusätzliche 110 und drei Jahre später noch einmal 60 Panzer 68. Die dritte und vierte Serie erhielt einen grösseren Turm, die Bezeichnung lautete neu Panzer 68/75.

Die Behebung der seit der Einführung aufgetretenen Mängel kam nur schleppend voran.
In der Folge liess der Bundesrat die Produktion der vierten Serie von Panzern 68 stoppen und willigte dem Mängelbehebungsprogramm «V80» zu – mit Erfolg. Die Produktion der unterbrochenen Serie konnte im Winter 1980 wieder aufgenommen, die letzten Fahrzeuge 1983 ausgeliefert werden.

Das Ende der Schweizer Panzerproduktion

Bereits in den 1970er Jahren liefen in der Schweiz verschiedene Projekte für einen neuen Schweizer Panzer. 1978 erhielt die Firma Contraves als Generalunternehmer den Entwicklungsauftrag für den Neuen Kampfpanzer (NKPZ). Unglücklicherweise fiel die erste Präsentation, anhand von Plänen und einem Holzmodell, genau in die Zeit des Panzerskandals. Unter dem Eindruck der heftigen Kontroversen um den Panzer 68 erschienen die Risiken für den NKPZ als zu gross; im Dezember 1979 sistierte der Bundesrat das Vorhaben.

Der neue Kampfpanzer

Aber die Schweizer Armee brauchte nach wie vor einen Nachfolger für den Centurion und begab sich auf die Suche im Ausland. Die Armeeführung evaluierte zwei Kandidaten: Der M1 Abrams aus amerikanischer und den Leopard 2 aus deutscher Produktion. Dabei erwies sich der Leopard 2 als überlegen. Vor allem die moderne 12-cm-Glattrohrkanone überzeugte im Vergleich mit der herkömmlichen 10,5-cm-Kanone des M1. Zudem schien der Antrieb des M1 mittels Gasturbine für hiesige Verhältnisse zu wenig ausgereift.

Die Angleichung

Nach der Ablösung des Centurion durch den Panzer 87 Leopard sollte die Panzer-68-Flotte eine Kampfwertsteigerung erfahren. Hauptelement war der Einbau einer moderneren Feuerleitanlage, welche die Wahrscheinlichkeit eines sogenannten Erstschusstreffers erhöhte. Aus dem Panzer 68/75 wurde der Panzer 68/88.

Zukunft

Die Panzerfahrzeuge der Schweizer Armee stammen alle aus Beschaffungen in der Zeit des Kalten Krieges oder unmittelbar nach dessen Ende. Der Lebenszyklus der Flotte endet spätestens 2030. Ob eine Erneuerung der mechanisierten Streitkräfte oder deren Kampfwertsteigerung eine Option oder eher eine Verlagerung auf Fahrzeuge für hybride Bedrohungen sinnvoll ist, muss analysiert und diskutiert werden.

 

Panzer der schweizer Armee schwarz/weiß Bild
Panzer 55 (Centurion), Umschulungskurs Panzer Abteilung 12, Schiessplatz Gurnigel, 1956. (Archiv Stiftung HAM)

 

Panzer der schweizer Armee altes Bilder
Leichter Panzer 51 in voller Fahrt, Panzer-Rekrutenschule, Waffenplatz Thun. (Archiv Martin Egli)

 

Panzer der schweizer Armee im Einsatz
Panzer 61, zukunftsträchtige Aussichten mit der ersten Schweizer Panzer-Eigenentwicklung, Schiessplatz Gurnigel, 1967.
(Archiv Stiftung HAM)
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